Geschichte


Aufzeichnungen zum 50-jährigen Jubiläum der Turnsparte
von G. Steinmeyer



Über 100 Jahre sind vergangen, seitdem Jahn die Ideen der Turnsache ins Volk trug. Doch 1881, dem Gründerjahr des HTB, war noch nicht ein Vierteljahrhundert verflossen, dass die Deutsche Turnerschaft gegründet wurde.

Die deutsche Turnsache, die praktische Verwirklichung der Jahnschen Ideen, Kräftigung und Verjüngung des Deutschen Volkes an Leib und Seele, hat seit der Gründung des ersten Turnplatzes in der Hasenheide bei Berlin während der ersten 50 Jahre eine Krisenzeit gehabt. Friedrich Ludwig Jahn, geb. 11. Aug. 1778 im Dorf Lanz bei Lenzen, hatte seine Zeit verstanden. Über das Volk war der Tag von Jena gegangen, der Hass gegen das Unrecht des Fremden hatte die Sehnsucht nach völkischer Wiedergeburt geweckt Jahn lenkte das Drängen der Jugend in die neue volkstümliche Leibeskunst. Diese war nicht nur eine Vorschule zum Waffendienste. Jahn zeigte dem Drängen der Jugend zur Betätigung des Volkstums die Wege. Diese Bewegung hätte, wäre sie nicht aus dem Volkstum geboren, vielleicht nach den Freiheitskämpfen ihr Ende gefunden. Damit aber schlug die Idee der Leibesübungen ihre Wurzeln tief in das Wesen des deutschen Volkstums.

Überall in deutschen Landen bildeten sich Turnvereine, um Jahns Ideen zu verwirklichen. Jahns Schöpfung war deutsch empfunden und deutsch gedacht. Nur darum ist es zu verstehen, dass trotz der schweren Zeit von 1819 bis 1842 der Geist des Turnwesens erhalten blieb. Am 12. Nov. 1819 wurde das Turnen in Preußen verboten. Schäbig ist da Schicksal umgesprungen mit Jahn und der Turnsache, die eine seelische und körperliche Guttat für das Volk war. Es bleibt eine ungesühnte Schuld jener Zeit und eine Schmach, dass Jahn verhaftet und jahrzehntelang unter Polizeiaufsicht gestellt blieb.

Die Hamburger Turnerschaft von 1816 und der Mainzer Turnverein von 1817


Mit dem Erlass vom 6 Juni 1842, der die Leibesübungen „als einen notwendigen und unentbehrlichen Bestandteil der männlichen Erziehung in den Kreis der Unterrichtsgegenstände“ aufnahm, hatte die Idee des Vereinturnens wieder freie Bahn.

Nun beginnt die Zeit des Werdens und Wachsens. Die politischen Ereignisse von 1848 brachten zwar neue Störungen. Die Vereine verfolgten zum Teil auch politische Absichten. Erst als dieses störende Anhängsel abgehängt war und sich der Gedanke „keine Politik“ Raum geschaffen hatte, war die Entwicklung der Turnsache sicher. Mit etwa 30.000 Turnern wurde 1860 die deutsche Turnerschaft gegründet. Ferdinand Götz, zu dessen Ehren die Deutsche Turnerschaft ihre Götz-Wandertage abhält, gehörte zu den Führern jener Zeit. Götz war bis zu seinem Tode 1915 Vorsitzender der Deutschen Turnabteilung.

Von Bedeutung war jene Bestimmung von 1861, welche wie ein Schutzwall das turnerische Leben vor Irrungen bewahrte: „Das Turnen kann nur dann seine reichen Früchte entfalten, wenn es als Mittel betrachtet wird, dem Vaterlande ganze tüchtige Männer zu erziehen, jedwede politische Parteistellung jedoch muss den Turnvereinen als solche unbedingt fernbleiben.“ Noch längst nicht den 20. Teil seiner heutigen Mitglieder - im Jahre 1931 - hatte die Deutsche Turnerschaft, als in Harpstedt 1881 der Harpstedter Turnerbund gegründet wurde. Im Kreise Syke steht der Harpstedter Turnerbund mit seiner Gründung an 2. Stelle. In Leeste bestand schon ein Turnverein, der aber 1931 nicht mehr bestand.

Die anderen Vereine Bassum und Twistringen wurden unter Mitwirkung des HTB 1883 gegründet.

Vereinsgrundgesetz des Harpstedter Turnerbundes - §1 Zweck

Der im Oktober 1881 gegründete Turnverein führt den Namen „Harpstedter Turnerbund“ und verfolgt den Zweck, seine Mitglieder zu ihren eignen Wohle und zum Besten des Vaterlandes. Durch geregelte Körperübung auszubilden. Der Verein sucht diesen Zweck durch Turnübungen, Turnspiele, Turnfahrten, Pflege des vaterländischen Sinnes und Gesanges, geselliges Zusammenleben, Sammlung von Schriften turnerischen Inhalts und durch freundschaftliche Verbindung mit alten, rüstigen deutschen Turnvereinen zu erreichen.

Harpstedt, den 10. Februar 1893

Der Vorstand des Harpstedter Turnerbundes Georg Tangemann - Sprechwart Stichnote - Turn- und Schriftwart H.Bockhorst - Säckelwart H. Heuermann - Zeugwart

Gesehen und nichts zu erinnern. Syke, den 25. Februar 1893

Der königliche Landrat

Die erste Satzung: Der genaue Gründungstag lässt sich heute nicht mehr bestimmen.

Auf Veranlassung von Wilhelm Nolte, der in Osnabrück der Deutschen Turnerschaft angehörte und Erfahrungen mitbrachte, wurde im Herbst 1881 eine Versammlung nach dem „Stolzeschen Gasthauses" einberufen. Diese Versammlung beschloss die sofortige Gründung eines Turnvereins unter dem Namen Harpstedter Turnerbund.

Herr Nolte ist der Gründer des Vereins und gehört ihm heute (1931) noch als Ehrenmitglied an. Mitbegründer waren: Lehrer Scheele, Johann Huntke, Johann Wötlje, Gustav Blumenthal und G. Wührmann. Es leben von den Mitbegründern (1931) noch H. Bockhorst, Johann Kolloge und Heinrich Hoffmeyer. H. Bockhorst gehört noch heute dem Verein als Ehrenmitglied an. Der Tag der Vereinsgründung ist nicht genau festzustellen.

Aus einer Versammlungsniederschrift geht hervor, dass folgende Männer in den Vorstand gewählt wurden:

                                         Sprecher:        Nolte

                                         Säckelwart:     Huntke

                                         Schriftwart:      Wührmann

                                         Zeugwart:        Wöltje
                                         Turnwart:
        Scheele

Auf einer Versammlung am 20. Nov. 1881 wurden die Satzungen festgelegt. Sie wurden dem Amt Freudenburg unterbreitet und vom Amtshauptmann am 11. Jan. 1882 zurückgegeben „mit dem Eröffnen, dass dieselben zu Bedenken irgendwelcher Art keinen Anlass gegeben haben.“

Die Turnabende wurden regelmäßig und gut besucht. Schon am 8. Jan 1882 wurde eine Zöglingsriege gebildet, um den vielfachen Wünschen der jungen Männer unter 17 Jahren nach turnerischer Betätigung gerecht zu werden. 13 Zöglinge wurden aufgenommen, darunter Georg Tangemann, der später für die Fortführung des Vereins von großem Einfluss war. Im selben Jahr schafften sich die Turner graue Turnjacken an und traten bei einem stattfindenden Kränzchen in der gemeinsamen Kleidung an. Die Gebrüder Schwiering lieferten unentgeltlich die Musik. Der Verein gewährte dafür freie Zeche.

Mit dieser Feier trat der Verein zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Es wurde in zwei Riegen am Reck und Barren geturnt. Durch die Beschaffung von Turnliederbüchern wollte man die Sangesfreude bei Versammlungen und Ausflügen unterstützen. Der Verein versuchte ein möglichst großes Interesse bei den Einwohnern Harpstedts zu erwecken. Als solche Maßnahmen ist sicher auch ein Punkt auf der Tagesordnung der Versammlung vom 30. April 1982 zu betrachten: “Die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr!“ Es wurde beschlossen: „Diese Angelegenheit betreffend konnte nichts bestimmtes beschlossen werden, nur dass eine Unterstützung der Angelegenheit notwendig sei und man sich dieserhalb mit dem Magistrat des hiesigen Fleckens in Verbindung zu setzen habe“.

FahneSchon im ersten Vereinsjahr wurde die Beschaffung einer Fahne durchgeführt. Es erfolgte eine Sammlung im Flecken, besonders bei den Turnfreunden.

Drei Damen - Frl. Minna Stolze, Frl. Johanne Schlüter und Frl. Marie Husmann - haben diese Arbeit mit einem so günstigen Resultat geleistet, dass die Jahre schon am 18. Juni 1882 bei J.A. Hietel in Leipzig bestellt werden konnte. Diese Fahne ist noch heute das Banner des Vereins. Sie besteht aus rotweißem Wollrips und hat im weißen Feld das Turnerkreuz mit einem Eichenkranz und im roten Feld die Inschrift „Harpstedter Turnerbund 1881“. Am 2. Aug. wurde die Fahnenweihe im „Stolzeschen Gasthaus“ gefeiert, zu der folgende Vereine eingeladen waren: Delmenhorster Turnverein, Leester Turnverein, Allgemeiner Turnverein Bremen. Beim zuletzt erwähnten Verein nahm der HTB als Gast beim Stiftungsfest im Winter 1882 teil.

Es war nun ein Jahr vergangen seit der Gründung des Vereins; der Vorstand ist derselbe geblieben. 1883 wurden W. Duveneck Schriftführer und H. Bockhorst Zeugwart. H. Bockhorst ist dann in den nächsten 20 Jahren in verschiedenen Vorstandesämtern tätig gewesen. Im Jahr 1883 wurde ein Ausflug nach Bassum unternommen, um für die Gründung eines Turnvereins dort zu werben. Im selben Jahr ist auch ein Turnverein dort gegründet worden. 1883 nahm der Verein auch an der Einweihung des Kriegerdenkmals in Harpstedt teil.

Der junge Verein legte auch Wert auf den Schutz seines Eigentums gegen Feuergefahr. Der Fahnenträger musste die Fahne gegen Feuer versichern.

1884 bietet der Vorstand des Vereins ein ganz anderes Bild. Der bisherige Turnwart Lehrer Scheele war versetzt worden. An seine Stelle trat Lehrer Elsner, der bis 1889 das Amt als Turnwart und Schriftführer führte. Den Vorsitz, damals noch Sprechwart nennt, führte Huntke, Nolte war Kassierer und Wölje Zeugwart.

Es machten sich jetzt auch die üblichen Krisen bemerkbar; denn im nächsten Jahr ist der Vorstand wieder verändert. Bockhorst ist Kassierer. Die Mitgliederzahl der Turner und Zöglinge sinkt von Jahr zu Jahr. Im Sommer wird eine längere turnlose Ferienzeit eingeführt. Als dann später nur einmal in der Woche geturnt wird, scheint die Beteiligung doch recht schwach gewesen zu sein.

1887 ruht das Turnen ganz und am 5. Juli 1888 entschloss man sich, aus dem Kreise der Deutschen Turnerschaft auszutreten. Der Verein sollte zwar nicht aufgelöst werden, aber ruhen. Er zählte noch sieben tätige Turner, Huntke, Wöltje, Kolloge, Duveneck, Schröder, Wulferding und Elsner. Die turnlose Zeit dauerte bis 1889. Dann folgte ein neues Aufblühen des Turnerbundes.


In Georg Tangemann ist dem Verein ein zweiter Gründer gegeben worden. Weit war Tangemann in seinen Wanderjahren durch die Welt gekommen. Sein Weg führte ihn durch viele deutsche Städte und auch über die Grenzen des Vaterlandes bis nach Wien, Pressburg und Budapest. Überall nahm er, so er Gelegenheit und Zeit fand, am Turnen Teil. Mit reichen Erfahrungen auch für den Turnbetrieb kehrte er 1889 in die Heimat zurück. Seinen Bemühungen ist es zu danken, dass er sie noch turnfreudigen Männer wieder zum Turnen brachte.

Mit nur 11 Mitgliedern wurde ein Fest veranstaltet, um im Verein etwas Geld zu erwerben. Unter dem Vorstand: Tangemann als Vorsitzender, Bockhorst als Kassierer, Wehrenberg als Turn- und Schriftwart und Heuermann als Zeugwart begann für den Verein ein neues Aufblühen. Die Zahl der Mitglieder war stetig im wachsen begriffen.

48 Turner und 20 Zöglinge bildeten in einigen Jahren den aktiven Teil des HTB, dazu kamen noch 25 Altersturner und über 100 Turnfreunde. Über 50 aktive Turner zählte der Verein, als man am 10. Juli 1892 das 10-jährige Stiftungsfest feierte. Die Vereine der Umgegend waren zu diesem Feste eingeladen, darunter alle fünf Vereine aus Bremen. Das Fest wurde auf dem Schützenplatz in beiden Sälen gefeiert.

Folgendes Programm liegt noch vor:
Von 10 bis 12 Uhr Empfang der auswärtigen Gäste, um 1Uhr gemeinsames Mittagessen, um 2:30 Uhr Festmarsch durch den Flecken zum Festplatz, hier Begrüßung und Festrede von H. Bockhorst, anschließend Schauturnen:

1. Freiübungen
2. Riegenturnen und
3. Kürturnen

Während des Schauturnens Konzert und von 18 Uhr an Festball. Das Fest hatte den gewünschten Erfolg. Das Interesse am Verein war wachgerüttelt. Die Zahl der Turnfreunde wuchs. Man hatte scheinbar genug Turnfreunde. Es wurde beschlossen, ein Jahr keine Turnfreunde aufzunehmen. Die große Mitgliederzahl ließ es auch notwendig werden, dass Statuten erstellt wurden. 1893 wurden dieselben neu aufgestellt und dem Landratsamt übersandt.

Besonders wertvoll für den Verein war auch die Tätigkeit des Lehrers Stichnote als Turnwart. Ältere Turner erinnern sich noch gerne der Turnabende unter seiner Leitung.

Mit der Mitgliederzahl wuchsen dann auch die abzuführenden Beiträge an den Verbandkreis der deutschen Turnerschaft. Das scheint der Kasse nicht behagt zu haben, denn 1894 wollte der Verein aus der deutschen Turnerschaft austreten. Die Turnabteilung sollte aber weiter gehalten werden, auch wollte man dem Verbande Sulingen-Diepholz werter angehören. Die Kassenbücher jener Zeit weisen einen guten Bestand auf, trotzdem wollte man nicht gerne zahlen. Weil nun der Austritt aus der deutschen Turnerschaft den Satzungen widersprach, blieb man in der deutschen Turnerschaft. Der Kassenführer Ulrich hat gewiss auch nur das Beste für den Verein gewollt. Über Beteiligungen an Festen überliefert uns die Vereinsgeschichte nichts.

Als sicher ist anzunehmen, dass die Verbandsfeste von Sulingen, Diepholz usw. besucht worden sind. Wohl wurden größere Wanderungen und Fahrten unternommen. Z. B. zum Dümmer und nach Wilhelmshaven. Zu einer Wanderung traten die Turner morgens um 3 Uhr an. Alljährlich feierte der Verein seine Vereinsfeste, wie Sommerfest, Schauturnen beim Rekrutenabschied, Maskenball und Kaisers Geburtstag.

1897 tritt an Stelle des Turn- und Schriftenwartes Stichnote Lehrer Aschoff, der bis 1903 die beiden Ämter verwaltete. Der Vorsitzende Georg Tangemann legte dann 1899 sein Amt nieder. In den nächsten 10 Jahren wechselten die Männer im Vorstand mehrfach.

In den Jahren 1899 bis 1906 herrschte im Verein nicht mehr der rege Betrieb der vorangegangen Jahre. Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten unter den Mitgliedern ließen das Vereinsleben nicht so zur Blüte kommen, wie es erforderlich war.

1905 feierte der Verein sein 25jähriges Stiftungsfest, leider ein Jahr zu früh. Der Fehler wäre unterblieben, wenn man den Vereinakten mehr Beachtung geschenkt hätte.

1906 wechselte der Verein sein Vereinslokal. Der HTB zog am 29. Dez. 1906 zum Gasthaus Horstmann um. Mit dem neuen Lokal scheint auch wieder neues Leben aufzublühen. Die Mitgliederzahl stieg wieder an. Heinrich Krone wurde Turnwart, sein Stellvertreter Friedrich Brinkmann. Diesen eifrigen Turnern gelang es, den Turnplatz neu zu beleben mit Anhängern der Turnsache. Sie konnten den Turnbetrieb wieder zu schönster Blüte führen. Unter ihrer Leitung haben viel junge Turner die Anfangsgründe und gutes Können der Turnkunst erworben. Der Verein strebte auf Neues vorwärts.

Es wurde ein Trommler- und Pfeiferkorps gegründet. Zwei Trommeln und vier Pfeifen sind vom Verein erworben. An bestimmten Abenden hatten die Trommler und Pfeifer ihre Übungen.


1909 gründete der Verein eine Turnerinnenabteilung, deren Turnwart Johann Sparkuhl wurde. Dieser ersten Damenriege gehörten 22 Damen an. Sie bestand leider nur kurze Zeit. Nach dem 1. Weltkriege erfolgte aber eine Neubelebung dieser Abteilung.


Es bestand früher der Brauch, mehrere Reckstangen, die beim Vereinturnen nicht mehr gebraucht wurden, an die Turner zu versteigen. Die Stangen wurden jeweilig auf ein Jahr erworben. Eine andere Vereinsangelegenheit war die Osterausflüge zu Johann v. Behren.


Für den Turnbetrieb wurden neue Anregungen geschöpft z. B. Auf den Vorturnerstunden des Bremer Gaues und des Verbandes Friesen, zu dem die Vereine der weiten Umgebung gehörten. Alljährlich wurden von diesem Verbande große Feste gefeiert.


1907 wurde dieses Fest in Harpstedt mit der 25jährigen Fahnenweihe des HTB verbunden.


Von diesen Festen, welche u. a. in Bassum, Barnstorf, Sulingen stattfanden kehrten viele HTB Turner als Sieger zurück. Mehrfach sind unter dieser Krone, Brinkmann und Mühlenhorst zu verzeichnen.

1913 war das Verbandsfest wieder einmal in Harpstedt.

Das letzte Verbandsfest der Vorkriegszeit in Sulingen am 27. und 28 Juni 1914 war für manchen Sportler das Ende seiner turnerischen Betätigung. Viele haben dort zum letzten Male in turnfrischer Art Geselligkeit mit Turnbrüdern gepflegt. Die jugendfrischen und frohen Turnbrüder wurden auseinandergerissen. Die Turnvereine konnten nur unter ungünstigsten Bedingungen den Krieg überdauern. Viele Turner kehrten nicht wieder, sie besiegelten ihre Treue mit dem Tod. 22 Opfer hat der Harpstedter Turnerbund zu beklagen.

Während des 1. Weltkrieges ist nur in den ersten Jahren geturnt worden; es fehlten in der Kriegszeit die Führer und Mitglieder.

Nach dem Kriege musste der Verein wieder ganz von neuem aufgebaut werden. Der grausame Krieg hatte die Lebensauffassung nicht gehoben. Doch erstaunlich schnell fanden sich auch in Harpstedt die Angehörigen der deutschen Turnerschaft wieder zusammen. Sie fühlten sich berufen, im Sinne der Deutschen Turnerschaft mitzuarbeiten am Gesundbrunnen des Volkes.

Begeisterung und Liebe für die Turnsache waren die Triebfedern, um mit Ausdauer und Tatkraft dem Harpstedter Turnerbund Neuland zu erwerben. Es ist ein schönes Zeugnis deutschen Lebenswillen, dass gerade nach dem Kriege in Tagen größter seelischer Not eine Welle turnerischer und sportlicher Begeisterung viele Leute erfasste.

„Leibesübung als Dienst am Volke“ war die Parole. Es kamen neuartige Formen der Leibesübungen auf. Ein „System“ ging oft in das andere über. Man verschloss sich im Turnerbund nicht den Forderungen der Zeit und ließ das turnerische Leben hinfluten in die Vereine. Der Turnbetrieb wurde den neuzeitlichen Bestrebungen angepasst. Der Verein gründete 1920 eine Sportabteilung, deren Spielführer Pestrup, Schriftführer Siemering, Kassierer Hoffmeyer und Gerätewart Horstmann war. Im Vorstand des HTB arbeitete wieder Lehrer Niemeyer als Vorsitzender und Heinrich Krone als Turnwart mit. Er leitete dann auch einige Jahre die ebenfalls vorhandene Schülerabteilung.

1920 wurde auch wieder eine Damensportabteilung gegründet, die sich in erster Linie dem Korbballspiel widmete, während die Sportabteilung, außer den volkstümlichen Übungen, sich besonders dem Faustballspiel hingab. Die Sportabteilung konnte viele Siege hereinbringen und war in den Jahren 1921, 1923, 1924 und 1925 Gaumeister vom Huntegau im Faustball.

1925 spielte die Faustballabteilung der Herren A-Klasse um die Kreismeisterschaft gegen Bremen und Emden.

Aus der Damensportabteilung wurde in der Folgezeit eine Turnerinnenabteilung, welche sich unter ihrem regsamen Frauenturnwart Pestrup zu einem stattlichen Stamme des Turnerbundes entwickelte.

Die Männerabteilung führte nach dem Kriege wieder Krone, bis ihn der Verein zum Vorsitzenden und 1928 zum Ehrenvorsitzenden wählte.

Über 30 Jahre hat Krone seine Tatkraft dem Verein gewidmet. 1927 veranstaltete der Verein einen Ehrenabend für Krone. Kreisvertreter Probst überreichte für die verdienstvolle Tätigkeit im Verein und somit auch für die Deutsche Turnerschaft den Ehrenbrief vom Verbandskreis der Deutschen Turnerschaft.

Von 1922 ab stellten sich als Männerturnwarte in den Dienst des Vereins: Hinners, Müller, Steinmeyer und Brinkmann.
Als Mitarbeiter arbeitete Sündermann, Springer, Lindloge und Müller mit.


Letzterer leitet zu Zeit auch die Schülerabteilung. Als Spielwart wirkte Stolze. In allen Abteilungen herrschte reges Leben. Der Turngedanke wurde immer wieder hineingetragen in die Bevölkerung. Die Bewohner Harpstedts konnten an mehren gut gelungenen Schauturnen sich davon überzeugen, dass der HTB ernste Arbeit leisten will.

Als besondere Veranstaltung ist der Jahn-Feier 1929 zu gedenken, welche unter der Mitwirkung hiesiger Gesangvereine veranstaltet wurde.

An den deutschen Turnfesten in München und Köln nahmen Turnerinnen und Turner in großer Zahl Teil. Vom Kölner Turnfest kehrte H. Pestrup als Sieger heim. An beide Turnfeste schlossen sich Wanderfahrten an.

Andere Wanderungen führten den Verein zum Harz, nach Thüringen und nach dem Weserberglande.

Unter Mithilfe von Regierung, Kreis und Gemeinde gelang es dem Verein sich einen Sportplatz zu schaffen, der allen Anforderungen gerecht wurde. Auf diesem Platz weihte der Verein 1929 ein Turnheim ein.

An dieser Stelle sei auch des Kassenwartes H. Kastens gedacht, der sein Amt mit seltener Treue seit Jahren verwaltete und damit Sorge trug, dass aus dem Vereinsvermögen aus der Inflationszeit von 240 Pfund Roggen und 64,50 Mark die Summen wurden, die der Verein der Allgemeinheit durch Platz und Turnerheim wieder hat zugute kommen lassen.

Der HTB ist bemüht, mit den Brudervereinen gute Beziehungen zu pflegen. Er hat des öfteren die Gründung neuer Vereine in der Umgegend gefördert.

Dass der Verein innerhalb Harpstedt viele Sympathien hat, dass er tief in allen Kreisen der Bevölkerung wurzelt, beweist wohl am besten die stattliche Zahl seiner Mitglieder, die heute (1931) 20 Jahre und länger dem Verein angehören.

Ein halbes Jahrhundert hat der Verein ernste und erfolgreiche Arbeit geleistet.

Gut Heil für die nächsten 50 Jahre! Mögen Vereinsmitglieder immer wieder hineinwachsen in das innere Wesen der deutschen Turnerschaft und immer stärker glauben an ihre hohe Aufgabe!


Mögen sich im HTB immer Führer finden, die das Vereinssteuer führen.


Harpstedt im August 1931

Hier endet der Beitrag von Herrn J. Steinmeyer zum 50. Jubiläum des Harpstedter Turnerbundes. Es gab eine Fortsetzung dieser Geschichte, die aus Anlass des 75jährigen Bestehens des Harpstedter Turnerbundes vom bekannten Lehrer Kurt Meinel auf dieser Veranstaltung zur Veröffentlichung kam und sich nahtlos an die Aufzeichnungen von Herrn Steinmeyer anschließt

 

 

Geschichte Teil 2


Aus dem Verein, 1933-1956
verfasst von Kurt Meinel - 1956


Die Sportler mussten sich früher selbst um die Sportplätze bemühen. Der erste Sportplatz überhaupt lag in Klein-Amerika. Den zweiten baute man 1919 bei Jetten an der Wildeshauser Straße; auch auf „Kollogens Weide“ wurde geübt.

Einige Jahre danach schuf man sich hinter dem Lokomotivschuppen einen Platz in mühseliger Kleinarbeit. So rackerten die Aktiven in vielen freiwilligen Arbeitsstunden wieder einmal einen Platz zurecht, diesmal auf einem Heidestück an der Dünsener Straße. Bald jedoch hatte der Besitzer entdeckt, dass der Verein eine brauchbare Weide geschaffen hatte und nahm den Platz wieder in eigene Hand. Zuletzt erlangte man nach langen Verhandlungen einen schönen Sportplatz auf dem Gelände des Reitvereins im Amtsacker. Dort lag er noch bis das spätere Gewerbegebiet Anfang 1970 erschlossen wurde. Seit 1936 war der HTB Pächter dieses Platzes, die Volks- und Berufsschule zahlte einen nennenswerten Zuschuss für die Platzbenutzung.

Im April 1936 wurde eine Werbefilmvorführung mit Schauturnen durchgeführt. Mit 11 turnerischen und tänzerischen Darbietungen. Am 11. März 1934 ist noch einmal ein Schauturnen aller Abteilungen zu verzeichnen.

In der Zeit nach 1933 konnte der Verein seine Kräfte nicht mehr so frei entfalten, wie vorher. Politische Verpflichtungen und Parteibindungen durch die nationalsozialistische Partei lenkten die Menschen zu sehr ab und nahmen viel Zeit in Anspruch. Der Vorstand musste das „Führungsprinzip“ einführen, nachdem der Vorstandsmitglieder nicht mehr von der Versammlung gewählt werden konnten, sondern vom amtierenden 1. Vorsitzenden bestimmt werden mussten.

Der Besuch der Versammlung, der immer bei 70 bis 80 Personen gelegen hat, ging bis über die Hälfte zurück. Der Vorsitzende in dieser Zeit war von 1937 bis 1945 Heinrich Pestrup.

Mal ruhte die eine, mal die andere Abteilung und mit Beginn des Krieges - September 1939 - hörten Turnen und Sport allmählich ganz auf. Nur die Faustballer ließen sich so schnell nicht unterkriegen. Von 1932 bis 1937 hatte die Abteilung, die damals von J. Ranke geleitet wurde, nur in Beckeln einen gefährlichen Gegner auf dem Weg zur Meisterschaft. Faustball war zu dieser Zeit eine Art Nationalsport in Harpstedt und fast jeden Abend wurde auf dem weiten Marktplatz eifrig gespielt und geübt.

Als Einziger erfüllte der 1. Vorsitzende die notwendigen schriftlichen und finanziellen Verpflichtungen, vor allem den gefallenen Kameraden gegenüber.

„Nun erst recht!“. So könnte man den Anfang 1945 überschreiben. Bomben und Besetzung haben die gesunde Lebenskraft des Volkes nicht brechen können. Wie der Phönix auf der Asche, so erhob sich der Verein von Neuem. Und es waren nicht die eigentlich zur Führung berufenen Schichten, sondern die einfachsten Söhne unseres Volkes, die den Verein weiter führten.

Heinz Brinkmann rüttelte die Gemüter wach und rief die jungen und alten Turner wieder zusammen. Ihm half A. Kurzke, E. Tendigs und H. Pestrup. E. Rendigs bemühte sich um die Jugend, was ihm die Entlassung aus dem Lehramt durch die britische Besatzungsmacht eintrug.

Es wurde schon 1946 wieder geturnt, Fußball- und Faustball gespielt. Der „Küversche Saal“ diente dabei als Turnhallenersatz. Eine Tischtennisabteilung entstand, und E. Rendigs bildete aus den Reihen der Turnerinnen und Turner eine eigene Plattdeutsche Volksbühne.

Einen neuen Höhepunkt erreicht die Gymnastikgruppe durch die Medaz-Gymnastiklehrerin Frau Gebauer und später durch Lony Starke. 1948 übernahm H. Ernsting die praktischen Geschicke des Vereins. Erst als technischer Leiter, dann von 1949 bis 1950 als Vorsitzender. Man bildete selbständige Sparten: Turnsparte, Fußballsparte und Tischtennissparte, die sich alle auch selbst finanziell verwalteten. Zuerst ging diese gut, und der Hauptvorstand wurde erheblich entlastet, denn die Mitgliederzahl stieg ständig. Bald aber ließ der Mangel an geeigneten Kräften bei einigen Sparten Verschuldung auftreten. Es gab Unstimmigkeiten im Vorstand. Die Tischtennisspieler waren auseinandergelaufen, die Faustballspieler spielten nur mit Senioren und die Geräteturner waren zu einer kleinen Gruppe zusammengeschmolzen.

In dieser ungünstigen Lage übernahm H. Pestruß wieder den Vorsitz und sanierte den Verein. Fast 1000.- DM spendeten damals treue Mitglieder und Turnfreunde und ermöglichten so die Weiterführung des Turnsports.

Eine Handball- und Tischtennisabteilung wurden wieder angegliedert, das Kinderturnern auf sechs Riegen erweitert, die Fußballabteilung zu neuer Blüte geführt und eine rege Schwimmabteilung kam auf, die im „Brammer Moor“ übte.

Seit 1952 besitzt der HTB wieder eine Korbballabteilung. Kurt Meinel rief sie ins Leben mit einer Jugend und einer Schülermannschaft. Damit wurde eine alte Tradition wieder aufgenommen, denn es gab schon 1920 eine Korbballmannschaft.

Fritz Gehrke, der aus Stolp in Pommern kam, übernahm im Sommer 1952 die Leitung der „Volksturnabteilung“, die er mit systematischer Pflege und Aufbauarbeit ausgesprochen erfolgreich führte. Die Abteilung wurde dann als Leichtathletikabteilung vom Turnen getrennt, erlebte einen Aufschwung und erzielte Leistungen wie nie zuvor in den vergangenen Jahren.

Leider ging aus Mangel an Mitarbeitern die Handball- und Tischtennisabteilung wieder ein. Bei den Fußballern hätte dieses fast auch zu einer Auflösung geführt.

Am 31. Dez. 1954 stieg die Mitgliederzahl aber noch auf 400. Auch im Jahre 1956 sind die wenigen Mitarbeiter überlastet, manches bleibt zu tun und zu arbeiten übrig.

Um die Bevölkerung auf die Bedeutung von Turnen und Sport hinzuweisen, wurde das 70jährige Bestehen in größerem Rahmen, am 18. und 19. Aug. 1951 gefeiert. Der Festakt fand am Sonnabend, den 18. Aug. 1951, im „Drägerschen Saal“ statt. Es wirkten mit, der Gemischte Chor, die Liedertafel, der Spielmannszug aus Melchiorshausen und eine Bremer Meisterriege im Turnen. Für 25jährige Mitgliedschaft oder besondre Verdienste erhielten 25 treue Mitglieder die Ehrennadel in Silber. Die goldene Vereinsnadel ging an H. Pestrup, H. Krone, H. Müller und H. Brinkmann. Den Höhepunkt aller turnerischen und gymnastischen Vorführungen bildete das Geräteturnen der Bremer Riege, bei der, zur Freude der Harpstedter Zuschauer, auch Koar und Schuberth mitwirkten.

Am Sonntag fanden vormittags leichtathletische Wettkämpfe statt. Mit klingendem Spiel zog man nachmittags durch den im Festkleid geschmückten Ort zum Sportplatz, auf dem vor sielen Zuschauern ein lebendiger Querschnitt aller Abteilungen ablief. Abends vereinigte sich jung und alt in froher Stimmung beim Festball auf „Beukes-Saal“.

Die Einweihung der ersten Sporthalle in Harpstedt, die im September 1953 erfolgte, wird ein Markstein in der Sportgeschichte Harpstedt bleiben. Bis dahin übten die Sportler und Sportlerinnen auf den Sälen der hiesigen Gastwirtschaften.

Im Zusammenhang mit einer Heimatwoche beteiligten sich alle Organisationen Harpstedts an einem großen Festzug, auf dem die beteiligten Personen lebende Bilder darstellten. Der HTB hinterließ einen guten Eindruck mit seinen schmucken Turnerinnen und Turnern und seinen kleinen historischen Festbildern. Unter anderem wurde Jahn mit seinen Zöglingen dargestellt.

Die neue Turnhalle wurde gut genutzt, der Verein füllte jeden Abend die Halle mit seinen Turngruppen und Mannschaften, während die Kinder an mehreren Nachmittagen zum Turnen kamen.

Folgende Turn- und Sportgruppen gab es zum Zeitpunkt des 75jährigen Bestehens des Harpstedter Turnerbundes 1956:

Fußball:
Zwei Herren- und zwei Jugend- sowie drei Schülermannschaften.
Korbball:        
Eine Jugend- und eine Schülerinnenmannschaft
Turnen:
         
Zwei Mädchen- und zwei Knabengruppen, eine Riege der weiblichen Jugend, eine „Hausfrauenriege“ und eine Männerriege mit Jugend sowie die Abteilung der Leichtathleten


Der Vorstand bestand 1956 aus folgenden Mitgliedern

                                      Vorsitzender:             Heinrich Pestrup                                               
                                      Stellvertreter:             Wilhelm Alfke                                               
                                      Kassenwart:              Adolf Speckmann                                               
                                      Geschäftsführer:       Kurt Meinel                                               
                                      Jugendleiter:
            Richard Lachnit                                               
                                     Frauenwartin:             Margarete Marquis                                              
                                     Gerätewart:                Hans Bädeker                                               
                                     Fußballwart:               Günter Osmer                                               
                                     Oberturnwart:             Paul Bremer                                               
                                     Leichtathletikwart:      Fritz Gehrke

Soweit die geschichtliche Zusammenfassung von den Jahren 1931 bis 1956. Wir können mit Freude und Stolz auf 75 Jahre Vereinsleben zurückblicken. Denn sie sind gekennzeichnet durch ernstes und wichtiges Bemühen sowie freundvolles Schaffen gegenüber den Mitgliedern.

Die Geschichte des Harpstedter Turnerbundes beweist, dass die Jugend für gesunde und lebensbejahende Ideale zu allen Zeiten aufgeschlossen war und ist.

Möge der HTB immer Männer und Frauen finden,
die sich ein Herz für die Jugend bewahrt haben und
leben und streben nach dem Grundsatz:

                       „Nur was Du für andere tust, bestimmt den Wert deines Lebens“.

 

 

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